Language of document : ECLI:EU:C:2017:267

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

5. April 2017(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Umwelt – Richtlinie 2008/50/EG – Luftqualität – Art. 13 Abs. 1 – Anhang XI – Für PM10 geltende Tages- und Jahresgrenzwerte – Systematische und andauernde Überschreitung der Grenzwerte – Art. 22 – Verlängerung der zur Erreichung bestimmter Grenzwerte festgelegten Fristen – Voraussetzungen für die Anwendung – Art. 23 Abs. 1 – Luftqualitätspläne – ‚So kurz wie möglich‘ gehaltener Zeitraum der Nichteinhaltung – Geeignete Maßnahmen – In die Beurteilung einfließende Gesichtspunkte“

In der Rechtssache C‑488/15

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 14. September 2015,

Europäische Kommission, vertreten durch E. Kružíková, S. Petrova, P. Mihaylova und E. Manhaeve als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Republik Bulgarien, vertreten durch E. Petranova und M. Georgieva als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Republik Polen, vertreten durch A. Gawłowska, B. Majczyna und D. Krawczyk als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Vilaras, J. Malenovský, M. Safjan (Berichterstatter) und D. Šváby,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2016,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. November 2016

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Republik Bulgarien

–        in Bezug auf die systematische und von 2007 bis mindestens einschließlich 2013 andauernde Nichteinhaltung sowohl der Tages- als auch der Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen in den Gebieten und Ballungsräumen BG0001 Ballungsraum Sofia, BG0002 Ballungsraum Plovdiv, BG0004 Nordbulgarien, BG0005 Südwestbulgarien und BG0006 Südostbulgarien,

–        in Bezug auf die systematische und von 2007 bis mindestens einschließlich 2013 andauernde Nichteinhaltung des Tagesgrenzwerts für die PM10-Konzentrationen im Gebiet BG0003 Ballungsraum Varna und die Nichteinhaltung des Jahresgrenzwerts in den Jahren 2007, 2008 und 2010 bis mindestens einschließlich 2013 im Gebiet BG0003 Ballungsraum Varna,

–        und mangels ergänzender Informationen, die belegen, dass sich an dieser Situation der Nichteinhaltung der Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen in den oben genannten Gebieten und Ballungsräumen etwas geändert hat,

weiterhin gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang XI der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. 2008, L 152, S. 1) verstößt, und

–        im Hinblick darauf, dass ausweislich des letzten Jahresberichts über die Luftqualität für 2013 die Überschreitungen sowohl der Tages- als auch der Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen in allen oben genannten Gebieten und Ballungsräumen fortbestehen, festzustellen, dass die Republik Bulgarien ihren Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie und insbesondere der Verpflichtung, den Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten, nicht nachgekommen ist und dieser Verstoß noch immer andauert.

 Rechtlicher Rahmen

 Richtlinie 96/62/EG

2        Art. 7 („Verbesserung der Luftqualität – Allgemeine Anforderungen“) der Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (ABl. 1996, L 296, S. 55) bestimmte in seinen Abs. 1 und 3:

„(1)      Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um die Einhaltung der Grenzwerte sicherzustellen.

(3)      Die Mitgliedstaaten erstellen Aktionspläne, in denen die Maßnahmen angegeben werden, die im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte und/oder der Alarmschwellen kurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr der Überschreitung zu verringern und deren Dauer zu beschränken. Diese Pläne können, je nach Fall, Maßnahmen zur Kontrolle und, soweit erforderlich, zur Aussetzung der Tätigkeiten vorsehen, die zu einer Überschreitung der Grenzwerte beitragen, einschließlich des Kraftfahrzeugverkehrs.“

3        Art. 8 („Maßnahmen für Gebiete, in denen die Werte die Grenzwerte überschreiten“) sah in seinen Abs. 1, 3 und 4 vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten erstellen die Liste der Gebiete und Ballungsräume, in denen die Werte eines oder mehrerer Schadstoffe die Summe von Grenzwert und Toleranzmarge überschreiten.

(3)      Für die Gebiete und Ballungsräume des Absatzes 1 ergreifen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass ein Plan oder Programm ausgearbeitet oder durchgeführt wird, aufgrund dessen der Grenzwert binnen der festgelegten Frist erreicht werden kann.

Der Plan oder das Programm, zu dem die Öffentlichkeit Zugang haben muss, umfasst mindestens die in Anhang IV aufgeführten Angaben.

(4)      Für die Gebiete und Ballungsräume des Absatzes 1, in denen der Wert von mehr als einem Schadstoff die Grenzwerte überschreitet, stellen die Mitgliedstaaten einen integrierten Plan auf, der sich auf alle betreffenden Schadstoffe erstreckt.“

4        Nach Art. 11 („Übermittlung von Informationen und Berichten“) der Richtlinie waren die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission jährliche Berichte über die Einhaltung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen vorzulegen.

 Richtlinie 1999/30/EG

5        Im siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/30/EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft (ABl. 1999, L 163, S. 41) hieß es:

„Die Richtlinie 96/62/EG schreibt, um die Einhaltung der Grenzwerte ab den festgelegten Zeitpunkten zu gewährleisten, die Erstellung von Aktionsplänen für Gebiete vor, in denen die Schadstoffkonzentration in der Luft die Grenzwerte zuzüglich zeitlich befristeter Toleranzmargen überschreitet. Soweit sie sich auf Partikel beziehen, sollten diese Aktionspläne und andere Reduzierungsstrategien darauf abzielen, die Konzentration von Feinstaub im Rahmen der Reduzierung der Konzentration von Partikeln insgesamt zu verringern.“

6        Art. 5 („Partikel“) der Richtlinie 1999/30 bestimmte:

„(1)      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die gemäß Artikel 7 beurteilten PM10-Konzentrationen in der Luft die Grenzwerte des Anhangs III Abschnitt I ab den dort genannten Zeitpunkten nicht überschreiten.

(3)      PM10-Maßnahmepläne, die gemäß Artikel 8 der Richtlinie 96/62/EG erstellt werden, und allgemeine Strategien zur Verringerung der PM10-Konzentration müssen auch auf die Verringerung der PM2,5-Konzentration abzielen.

(4)      Wenn die in Anhang III Abschnitt I genannten PM10-Grenzwerte durch PM10-Konzentrationen in der Luft infolge von Naturereignissen überschritten werden, die gegenüber dem normalen, durch natürliche Quellen bedingten Hintergrundwert zu signifikant höheren Konzentrationen führen, unterrichten die Mitgliedstaaten die Kommission gemäß Artikel 11 Nummer 1 der Richtlinie 96/62/EG unter Beibringung des erforderlichen Nachweises, dass diese Überschreitungen auf Naturereignisse zurückgehen. In diesen Fällen sind die Mitgliedstaaten zur Durchführung von Maßnahmeplänen gemäß Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 96/62/EG nur dann verpflichtet, wenn die Überschreitung der in Anhang III Abschnitt I genannten Grenzwerte auf andere Ursachen als Naturereignisse zurückzuführen ist.“

7        Nach Art. 12 der Richtlinie 1999/30 mussten die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, die erforderlich waren, um dieser Richtlinie bis zum 19. Juli 2001 nachzukommen.

8        Um den Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten, waren in Anhang III der Richtlinie zwei Arten von PM10-Grenzwerten festgelegt, wobei zwei Stufen unterschieden wurden, die wiederum in zwei Zeiträume unterteilt waren. Für die Zeiträume der Stufe 1 – vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2009 – waren dies zum einen der 24-Stunden-Grenzwert von 50 μg/m3, der nicht öfter als 35-mal im Jahr überschritten werden durfte, und zum anderen der Jahresgrenzwert von 40 μg/m3, der im Kalenderjahr nicht überschritten werden durfte. Für die Zeiträume der Stufe 2 – ab dem 1. Januar 2010 – betrug der 24‑Stunden-Grenzwert, der nicht öfter als 7-mal im Jahr überschritten werden durfte, 50 μg/m3 und der Jahresgrenzwert im Kalenderjahr 20 μg/m3.

 Richtlinie 2008/50

9        Die Erwägungsgründe 2, 16, 18 und 19 der Richtlinie 2008/50 lauten:

„(2)      Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt insgesamt ist es von besonderer Bedeutung, den Ausstoß von Schadstoffen an der Quelle zu bekämpfen und die effizientesten Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ermitteln und auf lokaler, nationaler und gemeinschaftlicher Ebene anzuwenden. Deshalb sind Emissionen von Luftschadstoffen zu vermeiden, zu verhindern oder zu verringern und angemessene Luftqualitätsziele festzulegen, wobei die einschlägigen Normen, Leitlinien und Programme der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu berücksichtigen sind.

(16)      Im Fall von Gebieten mit besonders schwierigen Bedingungen sollte es möglich sein, die Frist, innerhalb deren die Luftqualitätsgrenzwerte erreicht werden müssen, zu verlängern, wenn in bestimmten Gebieten und Ballungsräumen trotz der Anwendung geeigneter Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung akute Probleme hinsichtlich der Einhaltung bestehen. Werden für bestimmte Gebiete und Ballungsräume Verlängerungen gewährt, ist jeweils ein umfassender, von der Kommission zu beurteilender Plan zu erstellen, um die Einhaltung innerhalb der Verlängerungsfrist zu gewährleisten. Dass die notwendigen Gemeinschaftsmaßnahmen, die dem im Rahmen der Thematischen Strategie zur Luftreinhaltung gewählten Anspruchsniveau bezüglich der Reduzierung der Emissionen an der Quelle Rechnung tragen, verfügbar sind, hat Bedeutung für eine wirkungsvolle Eindämmung der Emissionen innerhalb des Zeitrahmens, der in dieser Richtlinie für die Einhaltung der Grenzwerte vorgegeben wird; dies sollte berücksichtigt werden, wenn zu Ersuchen um Verlängerung der Fristen für die Einhaltung Stellung genommen wird.

(18)      Für Gebiete und Ballungsräume, in denen die Schadstoffkonzentrationen in der Luft die einschlägigen Luftqualitätszielwerte oder ‑grenzwerte gegebenenfalls zuzüglich zeitlich befristeter Toleranzmargen überschreiten, sollten Luftqualitätspläne erstellt werden. Luftschadstoffe werden durch viele verschiedene Quellen und Tätigkeiten verursacht. Damit die Kohärenz zwischen verschiedenen Strategien gewährleistet ist, sollten solche Luftqualitätspläne soweit möglich aufeinander abgestimmt und in die Pläne und Programme gemäß der Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft [(ABl. 2001, L 309, S. 1)], der Richtlinie 2001/81/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (ABl. 2001, L 309, S. 22)] und der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm [(ABl. 2002, L 189, S. 12)] einbezogen werden. Die in dieser Richtlinie enthaltenen Luftqualitätsziele werden auch in den Fällen uneingeschränkt berücksichtigt, in denen auf Grund der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung [(ABl. 2008, L 24, S. 8)] Genehmigungen für industrielle Tätigkeiten erteilt werden.

(19)      Es sollten Aktionspläne aufgestellt werden, in denen die Maßnahmen angegeben werden, die kurzfristig zu ergreifen sind, wenn die Gefahr besteht, dass eine oder mehrere einschlägige Alarmschwelle(n) überschritten werden, um diese Gefahr einzudämmen und die Dauer der Überschreitung zu begrenzen. Besteht diese Gefahr bei einem oder mehreren Grenz- oder Zielwerten, so können die Mitgliedstaaten gegebenenfalls solche Pläne für kurzfristige Maßnahmen erstellen. …“

10      Art. 1 („Gegenstand“) der Richtlinie 2008/50 bestimmt in seinen Nrn. 1 bis 3:

„Die in dieser Richtlinie festgelegten Maßnahmen dienen folgenden Zielen:

1.      Definition und Festlegung von Luftqualitätszielen zur Vermeidung, Verhütung oder Verringerung schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt;

2.      Beurteilung der Luftqualität in den Mitgliedstaaten anhand einheitlicher Methoden und Kriterien;

3.      Gewinnung von Informationen über die Luftqualität als Beitrag zur Bekämpfung von Luftverschmutzungen und ‑belastungen und zur Überwachung der langfristigen Tendenzen und der Verbesserungen, die aufgrund einzelstaatlicher und gemeinschaftlicher Maßnahmen erzielt werden“.

11      Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie sieht in seinen Nrn. 5, 8 und 18 vor:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

5.      ‚Grenzwert‘ ist ein Wert, der aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Ziel festgelegt wird, schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern, und der innerhalb eines bestimmten Zeitraums eingehalten werden muss und danach nicht überschritten werden darf;

8.      ‚Luftqualitätspläne‘ sind Pläne, in denen Maßnahmen zur Erreichung der Grenzwerte oder Zielwerte festgelegt sind;

18.      ‚PM10‘ sind die Partikel, die einen größenselektierenden Lufteinlass gemäß der Referenzmethode für die Probenahme und Messung von PM10, EN 12341, passieren, der für einen aerodynamischen Durchmesser von 10 µm eine Abscheidewirksamkeit von 50 % aufweist“.

12      Art. 13 („Grenzwerte und Alarmschwellen für den Schutz der menschlichen Gesundheit“) der Richtlinie 2008/50 sieht in seinem Abs. 1 vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für Schwefeldioxid, PM10, Blei und Kohlenmonoxid in der Luft die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten.

…“

13      Art. 22 („Verlängerung der Fristen für die Erfüllung der Vorschriften und Ausnahmen von der vorgeschriebenen Anwendung bestimmter Grenzwerte“) der Richtlinie lautet wie folgt:

„(1)      Können in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum die Grenzwerte für Stickstoffdioxid oder Benzol nicht innerhalb der in Anhang XI festgelegten Fristen eingehalten werden, so kann ein Mitgliedstaat diese Fristen für dieses bestimmte Gebiet oder diesen bestimmten Ballungsraum um höchstens fünf Jahre verlängern, wenn folgende Voraussetzung erfüllt ist: für das Gebiet oder den Ballungsraum, für das/den die Verlängerung gelten soll, wird ein Luftqualitätsplan gemäß Artikel 23 erstellt; dieser Luftqualitätsplan wird durch die in Anhang XV Abschnitt B aufgeführten Informationen in Bezug auf die betreffenden Schadstoffe ergänzt und zeigt auf, wie die Einhaltung der Grenzwerte vor Ablauf der neuen Frist erreicht werden soll.

(2)      Können in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum die Grenzwerte für PM10 nach Maßgabe des Anhangs XI aufgrund standortspezifischer Ausbreitungsbedingungen, ungünstiger klimatischer Bedingungen oder grenzüberschreitender Einträge nicht eingehalten werden, so werden die Mitgliedstaaten bis zum 11. Juni 2011 von der Verpflichtung zur Einhaltung dieser Grenzwerte ausgenommen, sofern die in Absatz 1 festgelegten Bedingungen erfüllt sind und der Mitgliedstaat nachweist, dass alle geeigneten Maßnahmen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene getroffen wurden, um die Fristen einzuhalten.

(3)      Bei der Anwendung des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Grenzwert für jeden Schadstoff nicht um mehr als die für jeden der betroffenen Schadstoffe in Anhang XI festgelegte maximale Toleranzmarge überschritten wird.

(4)      Ein Mitgliedstaat, der der Ansicht ist, dass Absatz 1 oder Absatz 2 anwendbar ist, teilt dies der Kommission mit und übermittelt ihr den Luftqualitätsplan gemäß Absatz 1 einschließlich aller relevanten Informationen, die die Kommission benötigt, um festzustellen, ob die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei berücksichtigt die Kommission die voraussichtlichen Auswirkungen der von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen auf die gegenwärtige und die zukünftige Luftqualität in den Mitgliedstaaten sowie die voraussichtlichen Auswirkungen der gegenwärtigen Gemeinschaftsmaßnahmen und der von der Kommission vorzuschlagenden geplanten Gemeinschaftsmaßnahmen auf die Luftqualität.

Hat die Kommission neun Monate nach Eingang dieser Mitteilung keine Einwände erhoben, gelten die Bedingungen für die Anwendung von Absatz 1 bzw. Absatz 2 als erfüllt.

Werden Einwände erhoben, kann die Kommission die Mitgliedstaaten auffordern, Anpassungen vorzunehmen oder neue Luftqualitätspläne vorzulegen.“

14      Art. 23 („Luftqualitätspläne“) der Richtlinie 2008/50 bestimmt in Abs. 1:

„Überschreiten in bestimmten Gebieten oder Ballungsräumen die Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert oder Zielwert zuzüglich einer jeweils dafür geltenden Toleranzmarge, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass für diese Gebiete oder Ballungsräume Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden in den Anhängen XI und XIV festgelegten Grenzwerte oder Zielwerte einzuhalten.

Im Falle der Überschreitung dieser Grenzwerte, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, enthalten die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann. Die genannten Pläne können zusätzlich gezielte Maßnahmen zum Schutz empfindlicher Bevölkerungsgruppen, einschließlich Maßnahmen zum Schutz von Kindern, vorsehen.

Diese Luftqualitätspläne müssen mindestens die in Anhang XV Abschnitt A aufgeführten Angaben umfassen und können Maßnahmen gemäß Artikel 24 umfassen. Diese Pläne sind der Kommission unverzüglich, spätestens jedoch zwei Jahre nach Ende des Jahres, in dem die erste Überschreitung festgestellt wurde, zu übermitteln.

…“

15      Art. 27 („Übermittlung von Informationen und Berichten“) dieser Richtlinie sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Kommission Informationen über die Luftqualität innerhalb der Fristen übermittelt werden, die in den in Artikel 28 Absatz 2 genannten Durchführungsmaßnahmen vorgesehen sind.

(2)      Auf jeden Fall müssen diese Informationen speziell zur Beurteilung der Einhaltung der Grenzwerte und der kritischen Werte sowie der Erreichung der Zielwerte – spätestens neun Monate nach Ablauf jedes Jahres – der Kommission übermittelt werden und folgende Angaben enthalten:

a)      im betreffenden Jahr vorgenommene Änderungen der Liste der Gebiete und Ballungsräume nach Artikel 4 und der entsprechenden Abgrenzungen;

b)      Liste der Gebiete und Ballungsräume, in denen die Werte eines oder mehrerer Schadstoffe die Grenzwerte zuzüglich etwaiger Toleranzmargen oder die Zielwerte oder die kritischen Werte überschreiten, wobei für diese Gebiete und Ballungsräume Folgendes anzugeben ist:

i)      beurteilte Werte und gegebenenfalls Tage und Zeiträume, an bzw. in denen diese Werte festgestellt wurden;

ii)      gegebenenfalls eine Beurteilung der gemäß den Artikeln 20 und 21 der Kommission gemeldeten Beiträge natürlicher Quellen sowie von Partikeln, die nach dem Ausbringen von Streusand oder ‑salz auf Straßen im Winterdienst aufgewirbelt werden, zu den beurteilten Werten.

(3)      Die Absätze 1 und 2 gelten für Informationen, die ab dem Beginn des zweiten Kalenderjahrs nach Inkrafttreten der in Artikel 28 Absatz 2 genannten Durchführungsmaßnahmen erhoben werden.“

16      Art. 31 („Aufhebung und Übergangsbestimmungen“) der genannten Richtlinie sieht in seinem Abs. 1 vor:

„Die Richtlinien 96/62/EG, 1999/30/EG, 2000/69/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft (ABl. 2000, L 313, S. 12)] und 2002/3/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2002 über den Ozongehalt der Luft (ABl. 2002, L 67, S. 14)] werden mit Wirkung vom 11. Juni 2010 aufgehoben; die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung oder Anwendung dieser Richtlinien bleiben hiervon unberührt.

…“

17      Art. 33 („Umsetzung“) der Richtlinie 2008/50 sieht in Abs. 1 vor:

„Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 11. Juni 2010 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit.

…“

18      Gemäß Art. 34 („Inkrafttreten“) der Richtlinie ist diese am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, also am 11. Juni 2008, in Kraft getreten.

19      Anhang XI der Richtlinie 2008/50 trägt die Überschrift „Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit“. Nach diesem Anhang beträgt der Tagesgrenzwert für PM10 50 μg/m3, die nicht öfter als 35-mal im Kalenderjahr überschritten werden dürfen; der Jahresgrenzwert beträgt 40 μg/m3 pro Kalenderjahr. Dieser Anhang stellt klar, dass der Tag, ab dem diese Grenzwerte einzuhalten waren, der 1. Januar 2005 war.

 Vorverfahren

20      Am 14. April 2009 übermittelte die Republik Bulgarien der Kommission nach Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/50 einen Antrag, mit dem sie eine Befreiung von der Verpflichtung zur Anwendung der Grenzwerte für PM10 bis zum 11. Juni 2011 begehrte. Mit Entscheidung vom 11. Dezember 2009 erhob die Kommission auf der Grundlage von Art. 22 Abs. 4 dieser Richtlinie einen Einwand gegen diesen Antrag auf Erteilung einer Befreiung.

21      Nach dem Erlass dieser Entscheidung übersandte die Kommission der Republik Bulgarien am 1. Oktober 2010 ein Mahnschreiben, da sie der Auffassung war, dass dieser Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus Art. 13 der Richtlinie 2008/50 nicht nachgekommen sei.

22      In ihrer Antwort auf dieses Mahnschreiben am 18. Februar 2011 bestritt die Republik Bulgarien nicht, ihren Verpflichtungen aus Art. 13 der Richtlinie 2008/50 nicht nachgekommen zu sein. Sie räumte ein, dass in den Jahren 2007 und 2008 in den bulgarischen Gebieten und Ballungsräumen – mit Ausnahme bestimmter Gemeinden – Überschreitungen der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen registriert worden seien, und analysierte in ihrer Antwort die Ursachen für diese Überschreitungen.

23      Mit Schreiben vom 9. Juni 2011 übermittelte die Republik Bulgarien der Kommission einen zweiten Antrag auf Erteilung einer Befreiung von der Verpflichtung zur Anwendung der Grenzwerte für PM10 nach Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/50 (im Folgenden: Mitteilung vom 9. Juni 2011). Mit Schreiben vom 11. Juli 2011 antwortete die Kommission, da dieser Antrag am 10. Juni 2011 registriert worden sei, laufe die in Art. 22 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 für die Bewertung der Kommission vorgesehene Frist deutlich nach dem in Art. 22 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Stichtag, nämlich dem 11. Juni 2011, ab. Die Kommission fügte hinzu, dass sie diesen Zeitraum von neun Monaten benötige, um eine vollständige Bewertung vorzunehmen, und dass es zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie 2008/50 und zur Gewährleistung der Rechtssicherheit unmöglich sei, eine Entscheidung nach dem 11. Juni 2011 zu erlassen, die bedeuten würde, dass der Antrag in Bezug auf einen vergangenen Zeitraum beurteilt würde.

24      Am 25. Januar 2013 richtete die Kommission ein ergänzendes Mahnschreiben an die Republik Bulgarien und machte geltend, dass dieser Mitgliedstaat sowohl gegen Art. 13 der Richtlinie 2008/50 als auch Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie verstoßen habe. Insoweit führte die Kommission die Nichteinhaltung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen in allen Gebieten und Ballungsräumen dieses Mitgliedstaats in den Jahren 2007 bis einschließlich 2011, mit Ausnahme des Gebiets BG0003 Ballungsraum Varna an, in dem der Jahresgrenzwert für die PM10-Konzentrationen im Jahr 2009 eingehalten worden sei.

25      Mit Schreiben vom 1. April 2013, das durch ein Schreiben vom 2. September 2013 ergänzt wurde, antwortete die Republik Bulgarien der Kommission, dass die mitgeteilten Daten eine Tendenz zu einer Abnahme der Überschreitungen der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen zeigten. Bulgarien bekräftigte, es habe geeignete Maßnahmen festgelegt und erlassen, um Art. 13 der Richtlinie 2008/50 nachzukommen.

26      Mit Schreiben vom 11. Juli 2014, das am selben Tag zuging, erließ die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie der Republik Bulgarien vorwarf, ihren Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang XI der Richtlinie 2008/50 und Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie nicht nachgekommen zu sein, weil zum einen die Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen in den Gebieten und Ballungsräumen BG0001 Ballungsraum Sofia, BG0002 Ballungsraum Plovdiv, BG0004 Nordbulgarien, BG0005 Südwestbulgarien und BG0006 Südostbulgarien seit 2007 und bis mindestens 2012 nicht eingehalten worden seien und zum anderen im Gebiet BG0003 Ballungsraum Varna der Tagesgrenzwert seit 2007 bis mindestens 2012 und der Jahresgrenzwert in den Jahren 2007 und 2008 sowie den Jahren 2010 bis mindestens 2012 nicht eingehalten worden seien (im Folgenden: mit Gründen versehene Stellungnahme vom 11. Juli 2014). Die Kommission forderte diesen Mitgliedstaat auch auf, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach ihrem Eingang nachzukommen.

27      Mit ihrem Antwortschreiben vom 8. September 2014 auf die mit Gründen versehene Stellungnahme bestritt die Republik Bulgarien die Überschreitung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen in den genannten Gebieten und Ballungsräumen nicht. In diesem Zusammenhang legte der Mitgliedstaat Daten über die Tages- und Jahreskonzentrationen von PM10 in den Gemeinden vor und verglich die Daten des Jahres 2013, die eine Verbesserung der durchschnittlichen Werte zeigen würden, mit denen der Jahre 2012 und 2011.

28      Am 2. Juni 2015 richtete die Republik Bulgarien ein Schreiben an die Kommission, in dem sie ihre Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme vom 11. Juli 2014 ergänzte und vortrug, dass in ihrem Hoheitsgebiet bei einem großen Teil der Messpunkte für Luftqualität eine Tendenz zur Abnahme der Anzahl sowohl der Überschreitungen der Grenzwerte für PM10 als auch der Tages- und Jahreskonzentrationen von PM10 zu verzeichnen sei.

29      Nach Ansicht der Kommission bestätigte jedoch der von der Republik Bulgarien nach Art. 27 der Richtlinie 2008/50 vorgelegte Jahresbericht über die Luftqualität für das Jahr 2013, dass die Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen auch in jenem Jahr in allen der sechs Gebiete und Ballungsräume, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 11. Juli 2014 genannt worden seien, nicht eingehalten worden seien.

30      Unter diesen Umständen hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

 Zur Klage

 Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie

 Zur Zulässigkeit der ersten Rüge

–       Vorbringen der Parteien

31      Die Republik Bulgarien macht in ihrer Klagebeantwortung geltend, dass die erste Rüge unzulässig sei, da die Kommission den Streitgegenstand, wie dieser im Vorverfahren festgelegt worden sei, erweitert habe.

32      Was zunächst Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie angehe, beziehe sich das ergänzende Mahnschreiben vom 25. Januar 2013 nämlich auf die Jahre 2007 bis 2011. Sodann betreffe die mit Gründen versehene Stellungnahme den Zeitraum von 2007 bis „mindestens 2012“. Schließlich beziehe sich die Klageschrift auf die Jahre 2007 bis „mindestens einschließlich 2013“.

33      Was den von der ersten Rüge erfassten Zeitraum angehe, enthalte die vorliegende Klage darüber hinaus ungenaue Formulierungen, wie etwa, dass die Republik Bulgarien ihren Verpflichtungen „weiterhin nicht nachkommt“. Die fehlende Angabe eines unverzichtbaren Elements des Inhalts einer Klageschrift wie die Angabe des Zeitraums, in dem die Republik Bulgarien nach dem Vorbringen der Kommission gegen das Unionsrecht verstoßen haben solle, genüge daher nicht den Anforderungen an Kohärenz, Klarheit und Genauigkeit, wie sie im Urteil vom 15. November 2012, Kommission/Portugal (C‑34/11, EU:C:2012:712, Rn. 47), aufgeführt seien.

34      Die Kommission macht in ihrer Erwiderung geltend, dass es der Zielsetzung, dem Geist und dem Wortlaut der Richtlinie 2008/50 zuwiderlaufe, den Zeitraum nach der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 11. Juli 2014 außer Acht zu lassen, einen Zeitraum, in dem der Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie angedauert habe und durch neue Daten bestätigt worden sei.

35      Der von der Republik Bulgarien nach Art. 27 der Richtlinie 2008/50 vorgelegte Jahresbericht über die Luftqualität für das Jahr 2014 belege eine Überschreitung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen auch für dieses Jahr. Daher sei nunmehr der Zeitraum von 2007 bis „mindestens einschließlich 2014“ zu berücksichtigen. Insoweit sei der Streitgegenstand nicht verändert oder erweitert worden, und die Republik Bulgarien könne nicht geltend machen, sie sei nicht in der Lage gewesen, diesen Streitgegenstand zu verstehen, oder sie habe keine Möglichkeit gehabt, sich zu verteidigen.

36      Die Republik Bulgarien führt in ihrer Gegenerwiderung vorläufige Daten aus Messungen der Luftqualität für das Jahr 2015 auf.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

37      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs wird der Gegenstand einer Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV durch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission festgelegt, so dass die Klage auf die gleichen Gründe und das gleiche Vorbringen gestützt sein muss wie diese Stellungnahme (vgl. Urteile vom 8. Juli 2010, Kommission/Portugal, C‑171/08, EU:C:2010:412, Rn. 25, und vom 13. Februar 2014, Kommission/Bulgarien, C‑152/12, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:82, Rn. 30).

38      Im vorliegenden Fall macht die Kommission im Rahmen sowohl dieser Klage als auch der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 11. Juli 2014 eine Überschreitung der Tages- und Jahresgrenzwerte der PM10-Konzentrationen geltend, wie diese in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit deren Anhang XI vorgesehen sind.

39      Folglich ist festzustellen, dass die vorliegende Klage hinsichtlich der ersten Rüge auf die gleichen Gründe und das gleiche Vorbringen gestützt ist wie die mit Gründen versehene Stellungnahme vom 11. Juli 2014.

40      Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde (Urteile vom 10. April 2003, Kommission/Deutschland, C‑20/01 und C‑28/01, EU:C:2003:220, Rn. 32, vom 6. Oktober 2009, Kommission/Spanien, C‑562/07, EU:C:2009:614, Rn. 23, und vom 1. Dezember 2016, Kommission/Luxemburg, C‑152/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:919, Rn. 20).

41      In der vorliegenden Rechtssache lief die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 11. Juli 2014, die der Republik Bulgarien am selben Tag zuging, gesetzte Frist am 11. September 2014 ab.

42      Soweit mit der vorliegenden Klage ein systematischer und andauernder Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie gerügt wird, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs jedoch auch, dass es grundsätzlich nicht unzulässig ist, dass die Kommission ergänzende Beweismittel vorlegt, die den Zweck haben, den generellen und fortdauernden Charakter des gerügten Verstoßes im Stadium des Verfahrens vor dem Gerichtshof zu untermauern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. April 2005, Kommission/Irland, C‑494/01, EU:C:2005:250, Rn. 37, vom 22. Dezember 2008, Kommission/Spanien, C‑189/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:760, Rn. 29, und vom 11. Juli 2013, Kommission/Niederlande, C‑576/10, EU:C:2013:510, Rn. 29).

43      Der Gerichtshof hat insbesondere bereits Gelegenheit gehabt, klarzustellen, dass der Gegenstand einer Vertragsverletzungsklage auch Tatsachen erfasst, die nach Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme eingetreten sind, aber von derselben Art sind wie die, die in dieser Stellungnahme erwähnt waren, und demselben Verhalten zugrunde liegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. März 1983, Kommission/Frankreich, 42/82, EU:C:1983:88, Rn. 20, vom 22. Dezember 2008, Kommission/Spanien, C‑189/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:760, Rn. 30, und vom 15. März 2012, Kommission/Zypern, C‑340/10, EU:C:2012:143, Rn. 37).

44      Im vorliegenden Fall legte die Republik Bulgarien der Kommission den Jahresbericht über die Luftqualität für das Jahr 2014 nach Art. 27 der Richtlinie 2008/50 vor, der insbesondere die Einhaltung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie betraf. Die in diesem Bericht enthaltenen Daten sind auch in der Anlage zur Klagebeantwortung der Republik Bulgarien enthalten.

45      In ihrer Erwiderung hat sich die Kommission für ihr Vorbringen, dass sich die erste Rüge auf den Zeitraum „bis mindestens einschließlich 2014“ beziehe, auf diese Daten gestützt.

46      Zwar stellen die Daten über die Luftqualität für das Jahr 2014 Tatsachen dar, die nach der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 11. Juli 2014 eingetreten sind, diese Tatsachen sind jedoch von derselben Art wie die, die in dieser Stellungnahme erwähnt waren, und liegen demselben Verhalten zugrunde.

47      Daher konnte die Kommission diese Daten, von denen sie nach Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 11. Juli 2014 Kenntnis erlangte, wirksam für ihre Annahme anführen, dass die Republik Bulgarien auch für das Jahr 2014 gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie verstoßen habe.

48      Daher ist allein der Umstand, dass die Kommission sich nicht auf einen festen und bestimmten Zeitpunkt für ihre Angabe bezieht, bis wann die Republik Bulgarien gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie verstoßen haben soll, nicht ausreichend, um davon auszugehen, dass die erste Rüge insgesamt unzulässig sei.

49      Es ist hinzuzufügen, dass die Republik Bulgarien in der Anlage zu ihrer Gegenerwiderung die Daten über die Tages- und Jahreskonzentrationen von PM10 für einen Teil des Jahres 2015 beigebracht hat. Diese Daten betrafen jedoch in diesem Stadium nicht das gesamte Jahr und waren noch vorläufig. Somit sind sie im Rahmen der vorliegenden Klage nicht zu berücksichtigen.

50      Da der Gerichtshof von Amts wegen prüfen kann, ob die Voraussetzungen des Art. 258 AEUV für die Erhebung einer Vertragsverletzungsklage erfüllt sind (vgl. Urteile vom 15. Januar 2002, Kommission/Italien, C‑439/99, EU:C:2002:14, Rn. 8, und vom 22. September 2016, Kommission/Tschechische Republik, C‑525/14, EU:C:2016:714, Rn. 14), ist ferner zu prüfen, ob die Kommission mit ihrer ersten Rüge zulässigerweise beantragt, festzustellen, dass die Republik Bulgarien seit 2007 gegen ihre Verpflichtungen verstoßen hat.

51      Gemäß ihrem Art. 34 ist die Richtlinie 2008/50, auf die sich die Kommission in ihrer ersten Rüge allein bezieht, am 11. Juni 2008 in Kraft getreten, also zu einem Zeitpunkt nach demjenigen, ab dem die Kommission die Feststellung der Vertragsverletzung begehrt. Des Weiteren mussten die Mitgliedstaaten nach Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 11. Juni 2010 nachzukommen.

52      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darf die Kommission jedoch die Feststellung eines Verstoßes gegen diejenigen Verpflichtungen beantragen, die sich aus der ursprünglichen Fassung eines später geänderten oder aufgehobenen Unionsrechtsakts ergeben und die durch die Bestimmungen eines neuen Unionsrechtsakts aufrechterhalten wurden. Dagegen kann der Streitgegenstand nicht auf Verpflichtungen erstreckt werden, die sich aus neuen Bestimmungen ergeben, die keine Entsprechung in der ursprünglichen Fassung des betreffenden Rechtsakts haben, da dies einen Verstoß gegen Formvorschriften darstellen würde, die für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens zur Feststellung der Vertragsverletzung wesentlich sind (Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Portugal, C‑52/08, EU:C:2011:337, Rn. 42, und vom 10. September 2015, Kommission/Polen, C‑36/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:570, Rn. 24).

53      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus Art. 5 der Richtlinie 1999/30 und deren Anhang III, dass für die Zeiträume der Stufe 1 – vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2009 – zum einen der Tagesgrenzwert von 50 μg/m3 nicht öfter als 35-mal im Jahr überschritten werden durfte, und zum anderen der Jahresgrenzwert, der im Kalenderjahr nicht überschritten werden durfte, 40 μg/m3 betrug.

54      Es steht fest, dass diese Verpflichtungen durch die Bestimmungen des Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie aufrechterhalten wurden. Denn in dem genannten Anhang wird ausgeführt, dass diese Grenzwerte seit dem 1. Januar 2005 gelten.

55      Nach alledem ist festzustellen, dass die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie für den Zeitraum von 2007 bis einschließlich 2014 zulässig ist.

 Zur Begründetheit der ersten Rüge

–       Vorbringen der Parteien

56      Die Kommission macht in ihrer Klage geltend, dass der Umstand der Überschreitung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen für sich genommen eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie darstelle.

57      Aus den von der Republik Bulgarien ab 2008 vorgelegten Jahresberichten über die Luftqualität gehe hervor, dass die Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen systematisch und andauernd im gesamten Gebiet dieses Mitgliedstaats überschritten worden seien, nämlich in den Gebieten und Ballungsräumen BG0001 Ballungsraum Sofia, BG0002 Ballungsraum Plovdiv, BG0003 Ballungsraum Varna, BG0004 Nordbulgarien, BG0005 Südwestbulgarien und BG0006 Südostbulgarien, mit Ausnahme des Gebiets BG0003 Ballungsraum Varna, in dem im Jahr 2009 der Jahresgrenzwert eingehalten worden sei.

58      Diese Überschreitungen seien von der Republik Bulgarien in ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme vom 11. Juli 2014 nicht bestritten worden. Zudem gehe für zahlreiche Messpunkte der Luftqualität aus den vorgelegten Daten keine Tendenz zu einer Abnahme hinsichtlich der Anzahl der Tage hervor, an denen der Jahresgrenzwert für die PM10-Konzentrationen nicht eingehalten worden sei.

59      Die Republik Bulgarien macht geltend, dass sie der Kommission am 9. Juni 2011 gemäß Art. 22 der Richtlinie 2008/50 einen Antrag auf Erteilung einer Befreiung von der Verpflichtung, die Grenzwerte für PM10 anzuwenden, übermittelt habe, auf den die Kommission geantwortet habe, dass der Erlass einer Entscheidung nach dem in Abs. 2 dieses Artikels genannten Datum des 11. Juni 2011, was bedeuten würde, dass dieser Antrag in Bezug auf einen vergangenen Zeitraum beurteilt würde, unmöglich sei.

60      Für eine Mitteilung eines Mitgliedstaats nach Art. 22 der Richtlinie 2008/50 sei indes kein Stichtag vorgesehen. Die Kommission sei daher verpflichtet gewesen, die Mitteilung vom 9. Juni 2011 zu prüfen und eine rückwirkende Entscheidung zu erlassen.

61      Indem sie es abgelehnt habe, über die Mitteilung vom 9. Juni 2011 zu entscheiden, habe die Kommission gegen ihre Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit aus Art. 4 Abs. 3 EUV verstoßen, und daher sei die Verletzung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie nicht begründet.

62      Hinsichtlich der Überschreitungen der Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen verweist die Republik Bulgarien auf eine Tendenz zur Verminderung von PM10 in der Luft in Bulgarien in den letzten Jahren.

63      In diesem Zusammenhang hätten 28 der 37 Messpunkte der Luftqualität eine Reduzierung der durchschnittlichen Jahreskonzentration von PM10 registriert. 29 der 37 Messpunkte für Luftqualität hätten auch eine Reduzierung der Überschreitungen der Tagesgrenzwerte von 2011 bis 2015 registriert.

64      Die Republik Bulgarien macht außerdem geltend, dass ihre Bemühungen um eine Reduzierung der PM10-Werte durch ihre sozioökonomische Situation behindert würden. PM10-Emissionen seien nämlich aufgrund der Schadstoffquellen, die Haushaltsheizungen und Straßenverkehr seien, schwer zu reduzieren. So würden Holz und Kohle aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten eines erheblichen Teils der bulgarischen Bevölkerung in der Winterperiode in großem Umfang zum Heizen eingesetzt. Namentlich für die Republik Bulgarien belaufe sich der Prozentsatz der Bevölkerung, der große Schwierigkeiten habe, seine monatlichen Grundausgaben zu bestreiten, in 2013 auf 32,9 %, während dieser Prozentsatz für alle Mitgliedstaaten zusammen bei 12,2 % liege.

65      Die Kommission weist in ihrer Erwiderung darauf hin, dass sie die Mitteilung vom 9. Juni 2011 nur zwei Tage vor Ablauf der in Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/50 vorgesehenen Frist, nämlich dem 11. Juni 2011, erhalten habe. Sie habe nicht die Befugnis, diese Frist für die Einhaltung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen zu verlängern, und könne auch nicht rückwirkend eine Situation billigen, die nicht den Anforderungen dieser Richtlinie entspreche.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

66      Was die Beurteilung der Begründetheit der ersten Rüge angeht, ist daran zu erinnern, dass die Richtlinie 2008/50 nach ihrem Art. 1 Nr. 1 Maßnahmen zur Definition und Festlegung von Luftqualitätszielen zur Vermeidung, Verhütung oder Verringerung schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt festlegt.

67      In diesem Rahmen sieht Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte u. a. für PM10 in der Luft die in Anhang XI dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten.

68      Das Verfahren nach Art. 258 AEUV beruht auf der objektiven Feststellung des Verstoßes eines Mitgliedstaats gegen seine Verpflichtungen aus dem AEU-Vertrag oder einem sekundären Rechtsakt (vgl. Urteile vom 1. März 1983, Kommission/Belgien, 301/81, EU:C:1983:51, Rn. 8, vom 19. Dezember 2012, Kommission/Italien, C‑68/11, EU:C:2012:815, Rn. 62, und vom 4. September 2014, Kommission/Griechenland, C‑351/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2150, Rn. 23).

69      Die Nichteinhaltung der Grenzwerte genügt daher für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Mai 2011, Kommission/Schweden, C‑479/10, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:287, Rn. 15 und 16, und vom 15. November 2012, Kommission/Portugal, C‑34/11, EU:C:2012:712, Rn. 52 und 53).

70      Insoweit kann der Analyse, der zufolge ein Mitgliedstaat seine Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 schon damit in vollem Umfang erfüllt habe, dass ein Luftqualitätsplan erstellt worden sei, nicht gefolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. November 2014, ClientEarth, C‑404/13, EU:C:2014:2382, Rn. 42).

71      Im vorliegenden Fall zeigen die Daten aus den von der Republik Bulgarien vorgelegten Jahresberichten über die Luftqualität, dass dieser Mitgliedstaat die Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen in den Gebieten und Ballungsräumen BG0001 Ballungsraum Sofia, BG0002 Ballungsraum Plovdiv, BG0003 Ballungsraum Varna, BG0004 Nordbulgarien, BG0005 Südwestbulgarien und BG0006 Südostbulgarien von 2007 bis einschließlich 2014 überschritten hat, mit Ausnahme des Jahresgrenzwerts im Gebiet BG0003 Ballungsraum Varna im Jahr 2009; dies hat Bulgarien im Übrigen nicht bestritten.

72      Was das Vorbringen der Republik Bulgarien angeht, dass ihr nach ihrer Mitteilung vom 9. Juni 2011 die Anwendung von Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/50 hätte zugutekommen müssen und dass die Kommission mit der Weigerung, ihren Antrag zu prüfen, ihre Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit aus Art. 4 Abs. 3 EUV verletzt habe, ist darauf hinzuweisen, wie dies die Generalanwältin in Nr. 59 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen getan hat, dass die Antwort der Kommission an die Republik Bulgarien, wonach deren Antrag angesichts des Stichtags des 11. Juni 2011 in Art. 22 Abs. 2 dieser Richtlinie zu spät gestellt worden sei, einen Einwand der Kommission im Sinne von Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie enthielt, der von der Republik Bulgarien nicht bestritten worden ist.

73      Ein solcher Einwand der Kommission, der angesichts der offensichtlichen Verspätung des von der Republik Bulgarien gestellten Antrags erhoben wurde, genügt, um die Anwendung der in Art. 22 der Richtlinie 2008/50 vorgesehenen bedingten Befreiung und infolgedessen auch einen Verstoß der Kommission gegen ihre Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit aus Art. 4 Abs. 3 EUV auszuschließen.

74      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Republik Bulgarien bis zum 11. Juni 2011 nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte befreit war.

75      Was das Vorbringen der Republik Bulgarien angeht, ihre Bemühungen um eine Reduzierung der PM10-Werte würden durch ihre sozioökonomische Situation behindert, ist darauf hinzuweisen, dass nach Anhang III der Richtlinie 1999/30 der Zeitpunkt, ab dem die Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen einzuhalten waren, der 1. Januar 2005 war. Diese Verpflichtung galt für die Republik Bulgarien ab dem Tag ihres Beitritts zur Europäischen Union, also dem 1. Januar 2007.

76      Sobald objektiv feststeht ist, dass ein Mitgliedstaat die Verpflichtungen, die ihm der AEU-Vertrag oder ein sekundärer Rechtsakt auferlegen, nicht eingehalten hat, ist es unerheblich, ob der Mitgliedstaat, dem der Verstoß zuzurechnen ist, diesen mit Absicht oder fahrlässig begangen hat oder ob er auf technischen Schwierigkeiten beruht, denen er sich möglicherweise gegenübersah (vgl. Urteile vom 1. Oktober 1998, Kommission/Spanien, C‑71/97, EU:C:1998:455, Rn. 15, und vom 4. September 2014, Kommission/Griechenland, C‑351/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2150, Rn. 23).

77      Dem Vorbringen der Republik Bulgarien zu ihrer sozioökonomischen Situation kann somit nicht gefolgt werden.

78      Unter diesen Umständen ist der ersten von der Kommission erhobenen Rüge stattzugeben.

 Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50

 Zur Zulässigkeit der zweiten Rüge

–       Vorbringen der Parteien

79      Die Republik Bulgarien weist darauf hin, dass im Antrag der Klageschrift hinsichtlich der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 kein Zeitraum für die Begehung dieses Verstoßes angegeben sei, sondern nur, dass ein Verstoß begangen worden sei und dieser „Verstoß noch immer andauer[e]“. Wie für die erste Rüge beachte die Kommission daher nicht die Anforderungen an Kohärenz, Klarheit und Genauigkeit, wie sie im Urteil vom 15. November 2012, Kommission/Portugal (C‑34/11, EU:C:2012:712, Rn. 46 bis 48), formuliert seien.

80      Hinsichtlich der zweiten Rüge hebt die Kommission hervor, das Fehlen einer Angabe eines bestimmten Zeitraums beruhe auf dem Umstand, dass die Verpflichtung des betroffenen Mitgliedstaats, gemäß Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 geeignete Maßnahmen zu erlassen, damit der Zeitraum der Überschreitung so kurz wie möglich gehalten werden könne, im Zeitpunkt des ersten Verstoßes gegen die Verpflichtungen aus Art. 13 dieser Richtlinie entstehe und so lange fortbestehe, wie dieser Mitgliedstaat die Überschreitungen der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen nicht abgestellt habe.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

81      Nach Art. 120 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs und der dazu ergangenen Rechtsprechung muss die Klageschrift den Streitgegenstand, die vorgebrachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung dieser Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und deutlich sein, dass sie dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gerichtshof die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglichen. Folglich müssen sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine Klage gestützt wird, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben, und die Anträge der Klageschrift müssen eindeutig formuliert sein, damit der Gerichtshof nicht ultra petita entscheidet oder eine Rüge übergeht (vgl. insbesondere Urteile vom 15. Juni 2010, Kommission/Spanien, C‑211/08, EU:C:2010:340, Rn. 32, und vom 22. September 2016, Kommission/Tschechische Republik, C‑525/14, EU:C:2016:714, Rn. 16).

82      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 im Fall einer Überschreitung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen enthalten, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung „so kurz wie möglich“ gehalten werden kann.

83      Diese Bestimmung schafft folglich eine unmittelbare Verbindung zwischen zum einen der Überschreitung der in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie vorgesehenen Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen und zum anderen der Erstellung von Luftqualitätsplänen.

84      Aus Rn. 55 des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie für den Zeitraum von 2007 bis einschließlich 2014 zulässig ist.

85      Was die zweite Rüge angeht, so hat sich die Kommission hinsichtlich des Zeitraums, in dem die Republik Bulgarien gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 verstoßen haben soll, nicht auf bestimmte Zeitpunkte bezogen.

86      Aufgrund der unmittelbaren Verbindung, die mit der behaupteten Verletzung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 und deren Anhang XI besteht, ist jedoch davon auszugehen, dass die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie ebenfalls den Zeitraum bis einschließlich 2014 betrifft.

87      Im Übrigen ergibt sich hinsichtlich des Zeitpunkts, ab dem die zweite Rüge begründet sein soll, aus der in Rn. 52 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass der Gegenstand des Rechtsstreits nicht auf Verpflichtungen erstreckt werden kann, die sich aus neuen Bestimmungen ergeben, die keine Entsprechung in der ursprünglichen Fassung des betreffenden Rechtsakts haben.

88      Im vorliegenden Fall legte Art. 5 der Richtlinie 1999/30 in Verbindung mit Art. 8 der Richtlinie 96/62 keine ausdrückliche Frist für die Erstellung von Aktionsplänen fest. Wie die Kommission ausführt, beschränkte sich die Richtlinie 96/62 insoweit darauf, von den Mitgliedstaaten zu verlangen, dass diese innerhalb einer angemessenen Frist Maßnahmen erlassen, die die Luftqualität mit den Grenzwerten für die PM10-Konzentrationen in Einklang bringen.

89      Dagegen bestimmt Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50, dass die Luftqualitätspläne im Fall der Überschreitung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, geeignete Maßnahmen enthalten, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung „so kurz wie möglich“ gehalten werden kann.

90      Unter diesen Umständen sieht diese Bestimmung mit dem Erfordernis, den Zeitraum von Überschreitungen so kurz wie möglich zu halten, eine Verpflichtung vor, die keine Entsprechung in älteren Unionsvorschriften hat, wie dies die Kommission selbst in ihrer Klageschrift ausführt.

91      Darüber hinaus ergibt sich der Zeitpunkt, ab dem die Mitgliedstaaten Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 einzuhalten hatten, aus dem Wortlaut der Richtlinie selbst. Gemäß Art. 33 der Richtlinie mussten die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, die erforderlich waren, um dieser Richtlinie spätestens am 11. Juni 2010 nachzukommen.

92      Folglich könnte, wie die Generalanwältin in Nr. 91 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 erst ab dem 11. Juni 2010 festgestellt werden.

93      Daher ist die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 für den Zeitraum vom 11. Juni 2010 bis einschließlich 2014 zulässig.

 Zur Begründetheit der zweiten Rüge

–       Vorbringen der Parteien

94      Die Kommission ist der Ansicht, ein Mitgliedstaat verletze auch dann seine Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50, insbesondere die Verpflichtung, den Zeitraum der Überschreitung so kurz wie möglich zu halten, wenn dieser Mitgliedstaat wie im vorliegenden Fall die Republik Bulgarien gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie verstoße und es wenigstens sieben aufeinanderfolgende Jahre lang unterlasse, in seinen Luftqualitätsplänen alle Maßnahmen vorzusehen, um eine Einhaltung zu erreichen.

95      Die von der Republik Bulgarien in ihren Antworten auf die mit Gründen versehene Stellungnahme vom 11. Juli 2014 beschriebenen Maßnahmen würden auf nationaler Ebene nicht immer angewandt oder es werde erst damit begonnen, sie anzuwenden, aber ihre Ergebnisse würden nicht nachgewiesen, was ein Beweis für den unzureichenden Charakter dieser Maßnahmen sei. Was Maßnahmen auf örtlicher Ebene angehe, habe zwar eine Verbesserung in Bezug auf die Anzahl der Überschreitungen der Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen in den meisten Gemeinden festgestellt werden können, zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage sei die Situation jedoch weiterhin die einer fortgesetzten Überschreitung in jedem der sechs bulgarischen Gebiete und Ballungsräume.

96      Folglich seien diese Maßnahmen unzureichend oder ungeeignet, um den Zeitraum der Nichteinhaltung im Sinne von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 „so kurz wie möglich“ zu halten.

97      Die Republik Bulgarien macht geltend, sie habe die Verpflichtung, im Rahmen eines Aktionsplans kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet seien, die Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen auf ein Minimum zu reduzieren, doch die Frist, innerhalb der sie dafür sorgen müsse, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung dieser Grenzwerte „so kurz wie möglich“ gehalten werde, variiere nach Maßgabe der konkreten Umstände, und diese Frist sei ihr von der Kommission nicht genannt worden.

98      Da Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2008/50 im Übrigen vorsehe, dass die Pläne der Kommission spätestens zwei Jahre nach Ende des Jahres, in dem die erste Überschreitung festgestellt worden sei, zu übermitteln seien, müsse bei der Berechnung dessen, was ein Zeitraum der Nichteinhaltung sei, der „so kurz wie möglich“ gehalten werde, diese Frist berücksichtigt werden.

99      Zudem werde zwar die Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 geregelt, die Überschreitung dieser Werte sei jedoch nur die Voraussetzung für das Entstehen der Verpflichtung nach Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie. Folglich unterschieden sich die Voraussetzungen für die Feststellung eines Verstoßes gegen diese letztgenannte Bestimmung von denen für einen Verstoß gegen Art. 13 der Richtlinie 2008/50. Die Kommission führe indes keine spezifischen Argumente an, um das Bestehen eines Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 nachzuweisen.

100    Was die erlassenen Maßnahmen angehe, so hätten alle bulgarischen Gemeinden, bei denen Verstöße vorlägen, Pläne erarbeitet und angewandt, deren Endziel es sei, die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 2008/50 zu erreichen, und die sich in einer Verbesserung der Daten über die Luftqualität widerspiegelten. Auf nationaler Ebene seien die Rechtsvorschriften im Dezember 2015 geändert worden, um den Prozess der Verbesserung der Luftqualität zu beschleunigen. Mehrere Programme zu u. a. den Systemen der öffentlichen Beförderung in den Städten, zur Energieeffizienz der Gebäude, zur Verbesserung der städtischen Umwelt und zur ländlichen Entwicklung seien erlassen worden, um die Luftqualität zu verbessern. Es seien auch Maßnahmen ergriffen worden, um den Anschluss von Wohnungen an das Gasverteilungsnetz zu verbessern.

101    Schließlich laufe die Durchführung dieser Maßnahmen noch immer, und neue Programme enthielten je nach der Art der Maßnahmen Kalender für eine kurzfristige, eine mittelfristige oder eine langfristige Umsetzung. Hinsichtlich der Anzahl der Überschreitungen der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen und der durchschnittlichen Werte dieser Überschreitungen sei die Verbesserung der Ergebnisse offensichtlich.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

102    Aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 ergibt sich, dass der betreffende Mitgliedstaat im Fall einer Überschreitung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, einen Luftqualitätsplan erstellen muss, der bestimmten Anforderungen genügt.

103    So muss dieser Plan geeignete Maßnahmen enthalten, um den Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten, und kann zusätzlich gezielte Maßnahmen zum Schutz empfindlicher Bevölkerungsgruppen, einschließlich Maßnahmen zum Schutz von Kindern, vorsehen. Außerdem umfasst dieser Plan nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2008/50 mindestens die in Anhang XV Abschnitt A dieser Richtlinie aufgeführten Angaben und kann auch Maßnahmen gemäß Art. 24 der Richtlinie umfassen. Dieser Plan ist der Kommission unverzüglich, spätestens jedoch zwei Jahre nach Ende des Jahres, in dem die erste Überschreitung festgestellt wurde, zu übermitteln.

104    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 eine allgemeinere Bedeutung, da er ohne zeitliche Beschränkung auf Überschreitungen jeglicher in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte für Schadstoffe anwendbar ist, zu denen es nach Ablauf der – in dieser Richtlinie oder von der Kommission nach Art. 22 der Richtlinie festgelegten – Frist für ihre Einhaltung kommt (vgl. Urteil vom 19. November 2014, ClientEarth, C‑404/13, EU:C:2014:2382, Rn. 48).

105    Im Rahmen der Auslegung der Richtlinie 96/62 hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten zwar über einen Ermessensspielraum verfügen, dass Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie aber der Ausübung dieses Ermessens hinsichtlich der Ausrichtung der Maßnahmen, die der Aktionsplan enthalten muss, am Ziel der Verringerung der Gefahr der Überschreitung und der Beschränkung ihrer Dauer unter Berücksichtigung des Ausgleichs, der zwischen diesem Ziel und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen sicherzustellen ist, Grenzen setzt, die vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden können (vgl. Urteil vom 25. Juli 2008, Janecek, C‑237/07, EU:C:2008:447, Rn. 45 und 46).

106    Wie die Generalanwältin in Nr. 96 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist diesem Ansatz auch bei der Auslegung von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 zu folgen. Somit können die Luftqualitätspläne nur auf der Grundlage eines Ausgleichs zwischen dem Ziel der Verringerung der Gefahr der Verschmutzung und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen erstellt werden.

107    Daher ist der Umstand, dass ein Mitgliedstaat die Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen überschreitet für sich allein nicht ausreichend, um festzustellen, dass dieser Mitgliedstaat gegen die Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 verstoßen hat.

108    Infolgedessen ist in einer Untersuchung jedes einzelnen Falles zu prüfen, ob die von dem betroffenen Mitgliedstaat erstellten Pläne dieser Bestimmung nachkommen.

109    Hierzu ergibt sich aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen zwar über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen, die Maßnahmen es aber jedenfalls ermöglichen müssen, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten wird (Urteil vom 19. November 2014, ClientEarth, C‑404/13, EU:C:2014:2382, Rn. 57).

110    Nach Ansicht der Republik Bulgarien ist, um festzustellen, ob die Voraussetzung erfüllt ist, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten wird, die in Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2008/50 für die Übermittlung dieser Pläne vorgesehene Frist von zwei Jahren nach Ende des Jahres, in dem die erste Überschreitung festgestellt wurde, zu berücksichtigen.

111    Dieses Vorbringen kann nicht durchgreifen.

112    Aus dem Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 und der Systematik dieser Bestimmung ergibt sich nämlich, dass die Verpflichtung, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten, von der Verpflichtung, der Kommission die Pläne zu übermitteln, unabhängig ist. Folglich gewährt Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 3 dieser Richtlinie dem betroffenen Mitgliedstaat keine zusätzliche Frist dafür, dass er geeignete Maßnahmen erlässt und diese Wirkung entfalten.

113    Wie sich aus Rn. 78 des vorliegenden Urteils ergibt, hat die Republik Bulgarien in allen Gebieten und Ballungsräumen in acht aufeinanderfolgenden Jahren gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie verstoßen.

114    Ab dem 11. Juni 2010, dem Zeitpunkt, ab dem die Republik Bulgarien die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich waren, um der Richtlinie 2008/50 nachzukommen, gemäß Art. 33 Abs. 1 dieser Richtlinie in Kraft gesetzt haben musste, war dieser Mitgliedstaat somit verpflichtet, in Anwendung von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie so rasch wie möglich geeignete Maßnahmen zu erlassen und durchzuführen.

115    Noch im Laufe des Jahres 2014, also mehr als drei Jahre nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2008/50, wurden die Tages- und Jahresgrenzwerte für die PM10-Konzentrationen jedoch in allen sechs bulgarischen Gebieten und Ballungsräumen nicht eingehalten. Die Nichteinhaltung dieser Grenzwerte in diesem Mitgliedstaat war daher trotz seiner Verpflichtungen aus der Richtlinie 2008/50 systematisch und andauernd.

116    Zudem wurden, wie die Republik Bulgarien ausgeführt hat und dies aus Rn. 100 des vorliegenden Urteils hervorgeht, die nationalen Rechtsvorschriften erst im Dezember 2015 geändert, um den Prozess der Verbesserung der Luftqualität zu beschleunigen.

117    Diese Sachlage belegt aus sich selbst heraus, ohne dass es einer detaillierten Prüfung des Inhalts der von der Republik Bulgarien erstellten Pläne bedarf, dass dieser Mitgliedstaat im vorliegenden Fall keine geeigneten und wirksamen Maßnahmen durchgeführt hat, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte für die PM10-Konzentrationen im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 „so kurz wie möglich“ gehalten werden kann.

118    Unter diesen Umständen ist der zweiten von der Kommission erhobenen Rüge stattzugeben.

119    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Republik Bulgarien

–        in Bezug auf die systematische und von 2007 bis einschließlich 2014 andauernde Nichteinhaltung sowohl der Tages- als auch der Jahresgrenzwerte für PM10-Konzentrationen in den Gebieten und Ballungsräumen BG0001 Ballungsraum Sofia, BG0002 Ballungsraum Plovdiv, BG0004 Nordbulgarien, BG0005 Südwestbulgarien und BG0006 Südostbulgarien,

–        in Bezug auf die systematische und von 2007 bis einschließlich 2014 andauernde Nichteinhaltung des Tagesgrenzwerts für PM10-Konzentrationen im Gebiet BG0003 Ballungsraum Varna und die Nichteinhaltung des Jahresgrenzwerts in den Jahren 2007, 2008 und 2010 bis einschließlich 2014 im Gebiet BG0003 Ballungsraum Varna,

gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang XI der Richtlinie 2008/50 verstoßen hat, und

–        für den Zeitraum vom 11. Juni 2010 bis einschließlich 2014 im Hinblick darauf, dass die Überschreitungen sowohl der Tages- als auch der Jahresgrenzwerte für PM10-Konzentrationen in allen oben genannten Gebieten und Ballungsräumen fortbestanden, ihren Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie und insbesondere der Verpflichtung, den Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten, nicht nachgekommen ist.

 Kosten

120    Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Bulgarien mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

121    Gemäß Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen, trägt die Republik Polen ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Republik Bulgarien hat

–        in Bezug auf die systematische und von 2007 bis einschließlich 2014 andauernde Nichteinhaltung sowohl der Tages- als auch der Jahresgrenzwerte für PM10-Konzentrationen in den Gebieten und Ballungsräumen BG0001 Ballungsraum Sofia, BG0002 Ballungsraum Plovdiv, BG0004 Nordbulgarien, BG0005 Südwestbulgarien und BG0006 Südostbulgarien,

–        in Bezug auf die systematische und von 2007 bis einschließlich 2014 andauernde Nichteinhaltung des Tagesgrenzwerts für PM10-Konzentrationen im Gebiet BG0003 Ballungsraum Varna und die Nichteinhaltung des Jahresgrenzwerts in den Jahren 2007, 2008 und 2010 bis einschließlich 2014 im Gebiet BG0003 Ballungsraum Varna,

gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang XI der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa verstoßen, und

–        ist für den Zeitraum vom 11. Juni 2010 bis einschließlich 2014 im Hinblick darauf, dass die Überschreitungen sowohl der Tages- als auch der Jahresgrenzwerte für PM10-Konzentrationen in allen oben genannten Gebieten und Ballungsräumen fortbestanden, ihren Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie und insbesondere der Verpflichtung, den Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten, nicht nachgekommen.

2.      Die Republik Bulgarien trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission.

3.      Die Republik Polen trägt ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Bulgarisch.